Nicht lange, nachdem Davide Monteleones Fotos von einer Mutter, die ihre Tochter wiedergefunden hatte, auf dem Titelblatt des Time Magazine zu sehen waren und der Beitrag „Beyond Walls“ weitere 28 Seiten im Inneren der Zeitschrift füllte, erhielt Davide eine E-Mail.
„Hier habe ich die Migranten aus Südamerika zu ersten Mal als Individuen wahrgenommen. Ich glaube, jetzt, wo ich sie eine ganze Weile betrachtet habe, verstehe ich sie besser“, stand darin. Kann es einen besseren Beweis dafür geben, was die Fotografie heutzutage bewirken kann? Migration ist immerhin die Geschichte unseres Jahrhunderts. Was können Fotojournalisten anderes tun als darauf zu reagieren, die Vorgänge zu untersuchen und sie infrage zu stellen.
Der Artikel im Time Magazine verfolgte einen eindeutigen Zweck: Ansichten über Migration infrage zu stellen. Davides Bilder erreichten das auf einfache, aber essenzielle Weise. Er fertigte zarte, attraktive Porträtfotos an, die so ganz anders aussahen als die Bilder von Migranten, die man normalerweise aus den Medien kennt.
Jedes Mal, erzählt uns Davide, wurde ein einfacher weißer Hintergrund verwendet, „damit nur die Person, ohne weiteren Kontext, im Mittelpunkt steht. So werden die Stereotypen über Migration ausgeräumt, die man sonst immer sieht: Elend, Menschenschlangen … ein Flüchtlingslager voller verzweifelter Menschen.“ Und durch diesen simplen Effekt, erklärt er uns, kann man ihren Status verändern. „Sie werden zu Individuen, zu echten Menschen. Entmenschlichende Ausdrücke wie ‚Schwemme‘, ‚Welle‘ oder ‚Strom‘ kommen uns nicht mehr so leicht über die Lippen … Wir können etwas dagegen unternehmen.“
Zuvor hatte er mit anderen Kameras gearbeitet, aber für diesen Auftrag des Time Magazine brauchte er etwas Neues, und das aus gutem Grund.
„Ich habe eine Sony α7R III verwendet“, erklärt Davide. „Das war zunächst einmal ein großer Unterschied, aber ich habe rasch die Vorteile zu schätzen gelernt. Schon unter dem Gesichtspunkt der Logistik war es eine willkommene Abwechslung, eine kleine, leichte Kamera in Profiqualität zu verwenden, weil wir für das Projekt ‚Beyond Walls‘ nur 15 Tage Zeit hatten. Bei einer großen Kamera braucht man immer ein Stativ und Scheinwerfer. Mit der α7R III konnten wir viel schneller arbeiten. Wir mussten nicht viel mehr tun, als den weißen Hintergrund an eine Wand zu hängen. Auch die Kameraqualität ist beeindruckend. Sie ist einfach perfekt für Pressearbeiten oder großformatige Abzüge. Das ist wirklich beeindruckend.“
Eine weitere bahnbrechende Neuerung für Davides Arbeitsweise war die witterungsbeständige Abdichtung der α7R III: „Einmal habe ich im strömenden Regen in Tijuana an der Grenze zwischen den USA und Mexiko gearbeitet. Wir hatten nur vier Tage Zeit für die Aufnahmen, also konnten wir nicht auf besseres Wetter warten. Bei meiner Arbeit mit älteren Kameras musste ich ständig Angst haben, dass die Platine auch nur einen einzigen Tropfen Wasser abbekommen könnte, aber mit der α7R III brauche ich mir darüber keine Sorgen mehr zu machen. Mit einer großformatigen Kamera hätte ich einen Assistenten gebraucht, der einen Schirm über mich hält. So musste ich nur daran denken, hin und wieder das Objektiv abzuwischen. Dieses Feature sorgt für eine viel höhere Produktivität. Das ist mir auch bei Aufnahmen in der Arktis und in der Wüste aufgefallen.“
„Eine Kamera von der Größe der α7R III wirkt vielleicht auch weniger einschüchternd auf sensible Modelle“, meint Davide und fügt hinzu, dass ihre Geschwindigkeit auch eine Befreiung für den Fotografen sein kann.
„Der AF ist so schnell, dass man ihn gar nicht bemerkt. So kann man sich auf die Komposition konzentrieren, sich mit dem Modell unterhalten und die Kamera vergessen.“ Wie bei den meisten Werkzeugen gilt: „Am besten sollte man es gar nicht bemerken.“
Was in Davides Bildern ebenso wenig auffällt, ist der Hintergrund. Genau dadurch erhalten seine Fotos jedoch die beeindruckende Schlichtheit von Studioaufnahmen. Davide weist sogar darauf hin, dass dies „alles natürliches Licht“ ist. „Wir hängen den Hintergrund der Sonne entgegengesetzt im Schatten auf. Dadurch wirkt das Licht sehr weich.“ Bei manuellen Aufnahmen arbeitet er mit einer leichten Überbelichtung, damit seine Modelle wie vor einer weißen Leinwand in den Vordergrund treten.
„Ich komme aus der Tradition der Dokumentarfotografie, aber ich will Neugier wecken, anstatt nur Informationen zu vermitteln. Die beste Geschichte steckt nicht im Bild, sondern davor und dahinter. Das Bild dient nur als ein emotionales Fenster.“